Klimabeiträge – Der Schlüssel zum Erreichen der globalen Kohlenstoffneutralität?

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Klimabeiträge – Der Schlüssel zum Erreichen der globalen Kohlenstoffneutralität?
Offsetting ist zunehmend ein Begriff, der im Bereich der unternehmerischen Nachhaltigkeit verwendet wird. Die EU hat sich in Anlehnung an das Pariser Klimaabkommen und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nation dazu verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu sein. Wie aber lässt sich dieses Ziel umsetzen? Kann Offsetting ein Instrument zur Erreichung dieses Ziels sein? Was genau bedeutet Kompensation von Kohlenstoffemissionen?

Immer mehr CO2 wird in die Atmosphäre freigesetzt, was sich wiederum negativ auf das Klima auswirkt. Als Folge menschlichen Wirkens steigt die Treibhausgaskonzentration an. Der natürliche Treibhauseffekt ist lebensnotwendig, doch die Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre sorgt für einen zusätzlichen Treibhauseffekt (vgl. 1). Laut der Bundesregierung soll der CO2-Ausstoß 2030 nur noch bei 563 Millionen Tonnen liegen, laut Umweltbundesamt muss also die jährliche Minderung mehr als verdreifacht werden. Da wir bis 2050 weitgehend eine Treibhausgas-Neutralität anstreben, muss die Minderung sogar versiebenfacht werden (vgl. 2). 

 

 

Erste Bestrebungen für Klimaschutzmaßnahmen zeigten sich im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCC) im Dezember 1997. Im Zuge dessen wurde ein Zusatzprotokoll mit dem Ziel erstellt, den Klimawandel durch Klimaschutzmaßnahmen zu entschleunigen. Das daraus resultierende Kyoto-Protokoll (2005 in Kraft getreten) beinhaltete klare Regeln, wie die Treibhausgase reduziert werden sollten. Diese Regeln bezogen sich jedoch nur auf Industriestaaten. 2020 wurde die Verpflichtungsperiode (“Kyoto II”) nicht verlängert, weshalb das Protokoll durch das Pariser Klimaabkommen ersetzt wurde.  

Regulierter Kohlenstoffmarkt vs. freiwilliger Markt

Es gibt zwei verschiedene marktorientierte Ansätze, um Unternehmen zur Dekarbonisierung zu bewegen. Unternehmen, die besonders umweltschädlich agieren, fallen unter den sogenannten regulierten Kohlenstoffmarkt und müssen eine CO2-Emissionsquote erfüllen. Darüber hinaus können Unternehmen auch freiwillig zur Vermeidung und Reduzierung von Kohlenstoffemissionen beitragen, um ihren Fußabdruck auszugleichen. Am freiwilligen Markt können Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen Emissionsminderungszertifikate erwerben, wodurch sie ihre Emissionen ausgleichen (vgl. 7).

Fortlaufend wird sich auf den freiwilligen Markt bezogen.  

Was kann getan werden, damit sich eine Treibhausgas-Neutralität einpendelt?

Um klimaneutral zu werden, gibt die UN die Empfehlung, zuerst den eigenen CO2-Fußabdruck zu messen, sei es von Unternehmen oder Privatpersonen, ihn daraufhin zu reduzieren und anschließend die nicht vermeidbaren Emissionen auszugleichen (vgl. 3).

Die Verringerung der Emission stellt den wirksamsten Weg dar, um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen. Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen oder die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen können beispielsweise zur Emissionsreduzierung beitragen. Die Science-Based-Target Initiative (SBTi) hat Guidelines entworfen, die Unternehmen helfen sollen, konsequent CO2 einzusparen. Hier können Sie mehr dazu lesen.

Dennoch ist es teilweise noch nicht möglich, die Emissionen vollständig zu vermeiden und daher kann eine Kompensation als Möglichkeit zur Neutralisierung von Restemissionen gesehen werden. 

 

 

Eine Klimakompensation, auch Offsetting genannt, verfolgt also den Grundgedanken, einen Kohlenstoffausgleich zu schaffen. Unternehmen errechnen ihre CO2-Emissionen und wollen diese durch Klimaprojekte ausgleichen. Diese Methode stellt einen beliebten und validen ersten Schritt dar, um die eigenen Klimaziele im Unternehmen sichtbar zu machen. Hierbei darf aber nicht vergessen werden, dass der CO2-Ausgleich durch das Offsetting an einem anderen Ort erfolgt, was bedeutet, dass die eigenen Emissionen sich nicht verändern. Die CO2-Reduktion muss daher deutlich umfangreicher gedacht werden. Somit darf die Kompensation von Kohlenstoffemissionen nicht als Ersatz für die Reduzierung von Emissionen gesehen werden. 

Offsetting als Instrument zur CO2-Reduktion?

Kompensation von Treibhausgasemissionen kann ein wertvolles Instrument sein, um die Emissionsminderungsziele zu erreichen und so zur globalen Kohlenstoffneutralität beizutragen. Organisationen, die den Kohlenstoffausgleich als Ersatz für die Reduzierung der Emissionen sehen und es nicht als Ergänzung verwenden, können das Instrument aber auch als Greenwashing-Zweck missbrauchen (siehe hier Artikel zu Greenwashing). 

 

Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen können also zertifizierte Projekte zur Emissionsreduzierung unterstützen, die CO2-Emissionen entweder absorbieren oder reduzieren. Eine Emissionsgutschrift entspricht einer Tonne CO2, die durch die Projekte absorbiert oder reduziert wird.

 

 

Die Emissionsgutschrift ("Carbon Credit") spiegelt nicht nur die CO2-Reduktionskapazität des jeweiligen Projekts wider, sondern auch andere Ökosystemleistungen wie beispielsweise der Schutz der biologischen Vielfalt, soziale Vorteile und den Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nation (siehe hier Artikel zu den SDGs), den das Projekt leistet. Hier handelt es sich um den „freiwilligen Ausgleich“ und somit haben sich die Akteure aus freien Stücken für die Kompensationsmethode entschieden. Jedoch ist der freiwillige Kompensationsmarkt international nicht reguliert, d. h. es existieren keine einheitlichen, international anerkannten Standards. 

 

In Anlehnung an die Leitlinien der sogenannten Net Zero-Initiative wurde der „Kohlenstoffausgleich“ durch die Terminologie “Klimabeiträge” ersetzt. Das liegt daran, dass eine Kompensation von CO2-Emissionen einen negativen Beigeschmack hat, weil eine Kompensation ein ungünstiges Verhalten suggeriert. Zudem gibt es keine einheitliche Definition dieses Begriffs, weshalb die Gefahr der Greenwashingvorwürfe nochmal höher ist. 

Klimabeiträge dagegen unterstützen nachhaltige Projekte mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt und sie tragen zur globalen Kohlenstoffneutralität bei. Somit stellen Klimabeiträge eine wirksame Methode zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen auf globaler Eben dar. 

Wie bereits erwähnt, gehen Projekte, die von Klimabeiträgen unterstützt werden, über eine Absorption bzw. Vermeidung von Kohlenstoff hinaus und erzielen zudem auch andere ökologische und soziale Auswirkungen. So werden beispielsweise Vorteile für die Gesundheit, die biologische Vielfalt, die Gleichstellung der Geschlechter und die wirtschaftliche Entwicklung geschaffen (vgl. 5)

Der jüngste Bericht der Science-based Targets Initiative (SBTi) unterstreicht die bedeutende Rolle  von Kompensations- und Neutralisierungsmaßnahmen (Kohlenstoffausgleich) zum Übergang zu Netto-Null-Emissionen. Dennoch ersetzen sie nicht die Notwendigkeit, Emissionen in der Wertschöpfungskette im Einklang mit der Wissenschaft zu reduzieren. Der Ausgleich muss also mit einer praktikablen und wirksamen Maßnahme zur Emissionsreduzierung kombiniert werden. (vgl. 4)

Wie sollte ein Kompensationsprojekt ausgewählt werden? 

WWF hat einige Kriterien bereitgestellt, die berücksichtigt werden sollten, wenn es um die Auswahl der Projekte zur Kompensation von Cos-Emissionen geht (vgl. 6): 

 

  • Konkret: Jede Emissionsgutschrift muss rechtmäßig eine Tonne CO2 messen, die durch das Projekt absorbiert oder vermieden wurde. 
  • Messbar: Die Emissionsgutschrift muss auf Grundlage solider wissenschaftlicher Daten und überprüfbarer Methoden berechnet werden.
  • Zusätzlich: Die Emissionsreduktionen oder -beseitigungen würden ohne den zusätzlichen Anreiz durch den Kohlenstoffmarkt nicht stattfinden.  
  • Endgültig: Die durch die Emissionsgutschriften erzielten Emissionsminderungen können nach der Ausstellung der Gutschrift nicht rückgängig gemacht werden.
  • Vermeidung von Verlagerungen: Die Erzeugung von Emissionsgutschriften darf nicht zu Emissionen an anderer Stelle führen.
  • Glaubwürdig: Die Projekte müssen durch Verifizierungssysteme Dritter überwacht, berichtet und überprüft werden.
  • Soziale und ökologische Schutzmaßnahmen: Sie dürfen nicht gegen Gesetze, Vorschriften oder Verträge verstoßen und müssen den internationalen Best-Practice-Standards für soziale und ökologische Schutzmaßnahmen entsprechen. 

Fazit – Messen, Reduzieren, Kompensieren und Kommunizieren

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die kontinuierliche Reduzierung der Emissionen immer an erster Stelle stehen muss, egal ob von Staaten, Unternehmen, Organisationen, Privatpersonen oder anderen Entitäten Denn das ist der effektivste Weg, um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen. Eine Kompensation trägt zur Neutralisierung von Restemissionen bei. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Kompensation von Emissionen keine einmalige Lösung ist, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Organisationen sollten ihre Emissionen regelmäßig messen und ausgleichen, um sicherzustellen, dass sie zur globalen Kohlenstoffneutralität beitragen. Obwohl die Kompensation eine vielversprechende Lösung für das Problem der Treibhausgasemissionen ist, ist sie dennoch nicht unumstritten. Kritiker:innen argumentieren, dass die Kompensation von Emissionen zur Schaffung von Greenwashing führen kann, bei denen die Emissionsreduzierung zwar behauptet wird, aber nicht real ist. Darüber hinaus kann die Kompensation von Emissionen von Unternehmen dazu benutzt werden, eine Reduzierung ihrer Emissionen zu vermeiden.

 

 

Durch die Investition in hochwertige, zertifizierte Kompensationsprojekte können Organisationen jedoch sicherstellen, dass ihre Kompensationsbemühungen echt sind und zur globalen Kohlenstoffneutralität beitragen. Eine Kompensationsstrategie muss stets genau und präzise kommuniziert werden. In diesem Zusammenhang ist eine transparente Kommunikationsstrategie unumgänglich. Die Terminologie ist hier bereits ausschlaggebend und somit sollten Begrifflichkeit wie „Kohlenstoffausgleich“ oder das englische „Offsetting“ vermieden und durch “Klimabeitrag” ersetzt werden, damit die Komponente der Zusätzlichkeit deutlich wird.

Wir alle, aber vor allem emissionsstarke Unternehmen haben eine wichtige Rolle beim Übergang zu einer kohlenstofffreien Welt. Dieses Ziel ist unumgänglich, um auch den zukünftigen Generationen eine Zukunft auf der Erde zu bieten.

 

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[1] https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimawandel/klima-treibhauseffekt#grundlagen 

[2] https://www.tagesschau.de/faktenfinder/co2-emissionen-103.html#:~:text=Die%20meisten%20CO2%2DEmissionen%20kommen,an%20der%20Freisetzung%20klimasch%C3%A4dlicher%20Gase 

[3] https://unfccc.int/climate-neutral-now 

[4] https://sciencebasedtargets.org/resources/legacy/2020/09/foundations-for-net-zero-full-paper.pdf 

[5] https://climateseed.com/carbon-offsetting-guide?hsLang=en

[6]https://c402277.ssl.cf1.rackcdn.com/publications/1310/files/original/WWF_position_and_guidance_on_corporate_use_of_voluntary_carbon_credits_EXTERNAL_VERSION_11_October_2019_v1.2.pdf?1591194127 

[7] https://allianz-entwicklung-klima.de/wp-content/uploads/2021/03/studie2021-artikel-6-freiwilliger-markt-treibhausgas-kompensation.pdf

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